Vorab-Stellungnahme der Österreichischen Gesellschaft für ME/CFS zur Beantwortung 2641/AB der parlamentarischen Anfrage Nr. 3119/J
Hintergrund
Am 7. Oktober 2025 wurde die Beantwortung 2641/AB der parlamentarischen Anfrage Nr. 3119/J zur Versorgungslage von ME/CFS-Betroffenen in Österreich medial ausgegriffen.
Laut Beantwortung und Medienberichten erklärt Gesundheitsministerin Korinna Schumann, dass die Versorgung für Betroffene von ME/CFS und PAIS derzeit “flächendeckend gesichert” sei. Als Erstanlaufstelle wird die Primärversorgung genannt, bei Bedarf erfolge eine Weiterleitung an Fachärzt:innen oder Spezialambulanzen.
Faktenlage
In der Anfragenbeantwortung werden keine konkreten Zahlen genannt, weder zur Anzahl von Ärzt:innen mit spezifischer Fortbildung oder Expertise zu ME/CFS, noch zu spezialisierten Versorgungseinrichtungen, die eine fachlich abgestimmte Betreuung ermöglichen würden. Stattdessen verweist das Ministerium allgemein auf die Fortbildungsangebote der Ärztekammer.
Mehrfach wird auf Maßnahmen im Zusammenhang mit Long-COVID verwiesen, etwa:
- die unbefristete Verlängerung des Vergütungssystems für Long- COVID- Behandlungen im niedergelassenen Bereich,
- erweiterte Leistungspositionen für Allgemeinmedizin, Neurologie oder Pulmologie,
- die Erhebung von Versorgungsstrukturen für PAIS.
Als Vernetzungsstelle wird das Nationale Referenzzentrum für postvirale Syndrome genannt, das Fortbildungen anbietet und an einem abgestuften „Patient:innenpfad“ mitarbeitet.
Stellungnahme aus Patient:innensicht
Aus Sicht der Österreichischen Gesellschaft für ME/CFS ist diese Darstellung nicht nachvollziehbar.
In Österreich existieren:
- keine spezialisierten ME/CFS-Ambulanzen,
- keine strukturierten Versorgungswege
- und kaum ärztliche Expertise zur Erkrankung.
Die Behauptung einer “flächendeckenden Versorgung” steht in klarem Widerspruch zur Realität zehntausender Betroffener.
Besonders befremdlich ist, dass uns das Ministerium noch im August 2025 einen bewussten Umgang mit der bestehenden Versorgungslücke zugesichert und die Verabschiedung des Aktionsplans PAIS in der Bundes-Zielsteuerungskommission als nächsten Schritt angekündigt hatte.
Forderungen der ÖG ME/CFS
Wir fordern klare Fakten statt Behauptungen und endlich konkrete Schritte für eine angemessene medizinische Versorgung:
- Verpflichtende Fort- und Weiterbildung zu ME/CFS (sowie PAIS) für Ärzt:innen und Gesundheitsberufe sowie deren Aufnahme in die medizinischen Ausbildungs- und Studiencurricula.
- Einrichtung spezialisierter, transdisziplinärer Behandlungsstellen im öffentlichen Gesundheitswesen mit ausgewiesener Expertise zu ME/CFS und PAIS,
- Erhebung belastbarer Daten zur tatsächlichen Zahl der Betroffenen sowie zur bestehenden Versorgungssituation,
- Soziale Absicherung aller Betroffenen, die mangels entsprechender Strukturen derzeit keine medizinische Versorgung im öffentlichen System finden.
Medienberichte mit Stellungnahmen der ÖG ME/CFS
Beitrag auf ORF.at: Sozialministerium sieht ME/CFS-Versorgung gesichert
Beitrag auf Puls24: ME/CFS-Patienten sehen Notlage, Politik sichere Versorgung
Beitrag auf SN.at: ME/CFS-Patienten sehen Notlage, Politik sichere Versorgung
Radiobeitrag auf FM4: ÖG ME/CFS: Die Politik ignoriert die Lebensrealität der Betroffenen
